Kreishandwerkerschaft Uckermark

-Körperschaft öffentlichen Rechts-

Unternehmenstour 3. April 2024 mit der Landrätin Karina Dörk


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Junger Handwerksmeister redet Klartext

Karsten Müller (links) erläuterte Landrätin Karina Dörk, welche Probleme Handwerksbetriebe im ländlichen Raum bewegen. 

(Foto: Sigrid Werner)

Nordkurier Artikel

 

Kitaschließzeiten im Sommer, zu wenig Bauland für Eigenheime und fehlende Unterstützung bei der Anwerbung ausländischer Mitarbeiter — das waren nur einige Themen:
Karsten Müller vom gleichnamigen Kfz– und Gartentechnik–Betrieb in Boitzenburg hat seine Entscheidung, den Betrieb seines Vaters Fred Müller 2020 komplett zu übernehmen, nicht bereut. Das bekannte er bei einem Treffen von Vertretern der Kreishandwerkerschaft und der Landrätin der Uckermark Karina Dörk (CDU) in Boitzenburg. Allerdings sei die Firmenübergabe ein ziemlich bürokratischer und langwieriger Prozess gewesen, der andere durchaus auch hätte abschrecken können. Nicht so den Boitzenburger Meister für Kfz–Technik, der seine berufliche Karriere als Servicetechniker begonnen und frühzeitig schon mit 24 Jahren die Meisterausbildung an der Abendschule drangehangen hatte. „Ich bin froh, dass ich das gemacht habe“, sagt der heute 40–Jährige. Sein Vater hatte einst als Alleinkämpfer begonnen. Heute gibt das Unternehmen neben dem Inhaber noch neun Mitarbeitern Lohn und Brot. Und wenn der Chef geeignetes Personal dafür hätte, wäre da auch noch mehr drin, zum Beispiel der Service für Mähroboter, dessen er sich derzeit nicht annehme. Das kleine Familienunternehmen habe mit der Zeit zehn Azubis ausgebildet und auch schon Landmaschinenschlosser zu Kfz–Mechatronikern umgeschult. „Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft“, ist Karsten Müller überzeugt. „Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir heute keine Leute.“ Mit der überbetrieblichen Lehrausbildung in Hennickendorf sei er sehr zufrieden, mit der Berufsschule weniger. Vermutlich wegen Personalmangels sei es dort sogar schon zu dem Ausfall von Prüfungsvorbereitungslehrgängen gekommen.
Der Weiterbildungsbedarf im Unternehmen sei groß, man arbeite daran, dass Mitarbeiter in jeder der beiden Schichten auch die sogenannten E–Scheine gemacht haben, die dazu berechtigen, auch Hybridfahrzeuge und Elektromotoren zu warten und zu reparieren. Zudem halte sich die Zahl der Elektrofahrzeuge auf dem Lande noch in Grenzen. Wir versuchen im Moment die Fahrzeuge möglichst lange zu halten“, sagt er. Denn Gebrauchtwagen seien rar und die Unsicherheit der Kunden groß, in teure Fahrzeuge mit neuen Antrieben zu investieren. Für viele im ländlichen Raum stehe dann ja auch die Frage: Wo bekomme ich den Strom her? „Den Kunden und uns fehlt da einfach die Planungssicherheit“, schilderte der Kfz–Meister der Landrätin Karina Dörk (CDU), dem Kreishandwerksmeister Klaus Schreiber, dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostbrandenburg Frank Ecker, und der Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, Katrin Grothe Probleme seiner Branche.
Karsten Müller und auch sein Vater sprachen sich dafür aus, mehr Bauplätze für zuzugswillige Familien auch im ländlichen Raum zu schaffen. „Wir kriegen nur junge Leute und Berufsnachwuchs her, wenn wir ihnen Bauplätze anbieten können“, so Karsten Müller.

Und noch ein Problem brachte der Handwerksmeister zur Sprache. Nicht alle Kollegen könnten die Frühschicht pünktlich antreten, wenn in ihrem Heimatort die Kita erst später öffnet. Auch Schließzeiten von Kitas belasteten die Einsatzplanungen in Handwerksbetrieben, wenn man viele Mitarbeiter mit Kindern habe. Alle wollten dann in den Ferien Urlaub machen. Und die Mitarbeiter brauchten einen „Muttizettel“ vom Chef, wenn sie die Notbetreuung in Anspruch nehmen wollen, berichtet der Firmenchef über die Mühen des Alltags, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Schon jetzt hätten viele Eltern nur wenig gemeinsamen Urlaub, um die vielen Schließzeiten, -tage und Ferienzeiten abdecken zu können.
Eltern wollen mehr Familienleben
Bürgermeister Frank Zimmermann wies darauf hin, dass auch Erzieherinnen oft Eltern seien und man ihnen die Möglichkeit geben müsse, mit den Kindern Urlaub zu machen. Landrätin Karina Dörk bestätigte aus ihrer 1000 Mitarbeiter zählenden Verwaltung, dass sich die Arbeitswelt verändert habe und viele junge Familien nicht mehr nur für die Arbeit leben wollten, sondern mehr für die Kinder da sein wollen.
Karsten Müller wünschte sich, dass das die Gesellschaft besser steuert. Denn ohne Kinder gebe es später auch keine Lehrlinge für die Firmen. Er suche derzeit ganz aktiv nach Azubis, nutze alle Ausbildungsmessen, die sich böten, habe sogar schon Bewerbungen aus Marokko erhalten. In dem Zusammenhang wünschte der Boitzenburger sich mehr Unterstützung für Unternehmen, die auch ausländischen Bewerbern eine Chance geben wollen, in den Betrieben Fuß zu fassen, um die bürokratischen Klippen zu umschiffen. Frank Ecker von der Handwerkskammer bot Betrieben Unterstützung an, die Geflüchtete einstellen wollen. „Dafür haben wir einen Willkommenslotsen bei der Handwerkskammer“, so Ecker.
Die Kreishandwerkerschaft informierte sich auf dieser Rundreise auch beim Unternehmen Thermobau in Templin.

 

„Gesamte Uckermark muss von Transformations-Millionen für Schwedt profitieren" 

Bei Betriebsbesuchen in Schwedt und Pinnow haben sich Landrätin Karina Dörk (CDU) und die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Uckermark, Katrin Grothe, einmal mehr über die aktuelle Auftragslage im Handwerk der Uckermark informiert. Weitere Themenfelder waren die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und damit verbundenen Sanktionsmaßnahmen gegen Russland, innovative Formen der Berufsausbildung im Handwerk sowie die Unternehmensnachfolge. Begleitet wurden sie bei ihren Gesprächen mit dem Schwedter Tischlermeister Jens Birke sowie den beiden Metallbauermeistern Uwe Wegner (Gartz) und Ingolf Betker (Pinnow) von Philip Pozdorecz, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung der Stadt Schwedt und Michael Thieme von der Handwerkskammer Frankfurt/Oder.
Katrin Grothe machte ihrem Ärger darüber Luft, dass die Obermeister der Uckermärker Handwerksinnungen bislang keinerlei Antwort oder Reaktion auf ihren offenen Brief an führende Vertreter der Landes- und Bundesregierung erhalten haben, in dem sie schon vor Wochen energisch auf die prekäre Situation des Handwerks und Mittelstandes aufmerksam gemacht hatten. „Und auch mit Blick auf das Geschehen im PCK haben wir weiterhin große Bauchschmerzen. Im Zuge der Transformation der Mineralölwirtschaft sollen ja Millionensummen nach Schwedt fließen. Hoffentlich profitiert davon auch die übrige Uckermark“, sagte Katrin Grote.
Vor allem bei Ausschreibungen von Bauprojekten müsse auch das Handwerk berücksichtigt werden, forderte sie. Darin war sie sich mit Landrätin Karina Dörk einig. Auch der Landkreis muss in diesem Zusammenhang Mittel beantragen können, nicht nur die Stadt Schwedt, sagte Karina Dörk. Sie sprach sich zudem dafür aus, „dass beispielsweise unbedingt auch der Gewerbestandort Pinnow einbezogen werden muss“.
„Die aktuellen Auswirkungen von Krise und Ukrainekrieg müssen Handwerk und Mittelstand unverschuldet ausbaden. Die Existenzängste der Firmen sind mehr als begründet“, sagte Katrin Grothe. Zu den spürbaren Realitäten für das heimische Handwerk gehöre beispielsweise auch der Einbruch beim Eigenheimbau um bis zu 50 Prozent.
Im Unternehmen Metallbau Betker, das seinen Sitz im Industrie- und Gewerbegebiet Pinnow hat, gab es aber für die Gäste noch eine äußerst erfreuliche Aufgabe: „Wir gratulieren Ihnen ganz herzlich zum 25-jährigen Meisterjubiläum, das Sie vor wenigen Tagen feiern konnten“, sagten Karina Dörk und Katrin Grothe. Über ihre Glückwünsche und bunten Blumensträuße konnten sich die Metallbauermeister Ingolf Betker und Uwe Wegner freuen.
Artikel und Fotos von Uwe Werner


„Für viele Handwerker ist es fünf nach zwölf“

Auch das Handwerk und der Mittelstand in der Uckermark bekommen wegen der steigenden Inflation sowie steigender Rohstoff- und Energiepreise zunehmend Probleme.

Landrätin Karina Dörk (CDU) und die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Uckermark, Katrin Grothe, haben sich am Mittwoch bei Betriebsbesuchen in Schwedt und Angermünde über die Auswirkungen der Krise im Handwerk der Uckermark informiert.
Katrin Grothe machte bei den Betriebsbesuchen noch einmal deutlich, dass es für das Handwerk in der Region aktuell „bereits fünf nach zwölf“ ist. „Die aktuellen Auswirkungen von Krise und Ukrainekrieg müssen Handwerk und Mittelstand unverschuldet ausbaden. Die Existenzängste der Firmen sind mehr als begründet“, stellte sie fest. Sie forderte deshalb von der Regierung „endlich praktikable Lösungen, die einen Ruin des Mittelstands verhindern können“.
In Schwedt wollten Karina Dörk und Katrin Grothe von der Innungsobermeisterin für das Friseurhandwerk der Uckermark, Silvia Schütz, wissen, welche Probleme sie und ihre 43 MitarbeiterInnen in fünf Salons derzeit haben. „Ganz viele Dinge sind für uns zunehmend schlecht planbar. Die Reserven werden immer knapper. Einen ersten Schlag hatten wir schon mit der teilweisen Schließung und den besonderen Hygienevorschriften während der Coronapandemie bekommen. Dadurch sind uns viele Kunden weggeblieben. Außerdem haben viele den Zeitraum zwischen ihren Friseurbesuchen ausgedehnt. Und jetzt bereiten uns die Unwägbarkeiten wegen des allgemeinen Preisanstieg, vor allen bei Energie und Gas, neue Sorgen“, berichtete sie.
Wegen der Erhöhung des Mindestlohns habe man beispielsweise seit Juni 2021 zudem Lohnerhöhungen um 25 Prozent abzufedern. Die Lieferfirmen hätten ihre Preise im Schnitt um sechs bis acht Prozent erhöht. Außerdem hätten die ungewissen Zeiten dazu geführt, dass immer weniger Lehrlinge ausgebildet werden, denn auch das koste die Firmen schließlich Geld, fügte sie hinzu.
„Im Osten der Uckermark haben die Grenznähe zu Polen und die Unterschiede in der Lohnstruktur beider Nachbarländer noch zusätzliche Auswirkungen. So liegt der Mindestlohn in Polen derzeit bei 4,10 Euro pro Stunde. In Deutschland sind es inzwischen 12 Euro. Das bringt natürlich den Unterschied bei den Kosten für Dienstleistungen und sorgt für die Abwanderung vieler Kunden nach Polen“, stellte der Beigeordnete der Stadt Schwedt, Silvio Moritz, fest.
Dieser Umstand führe dazu, dass Friseure in Polen von ihrer Kundschaft wegen der deutlich niedrigeren Mindestlöhne im Durchschnitt für das Schneiden und Föhnen 25 Euro verlangen. In Schwedt seien es 42 Euro, stellte die Innungsobermeisterin fest.
In Angermünde trafen sich Landrätin Karina Dörk und Katrin Grothe anschließend mit Klaus Schreiber, dem Innungsobermeister für das Bäckerhandwerk der Uckermark. Er selbst beschäftigt in seinen Bäckereifilialen in Schwedt und Angermünde 22 Angestellte.
Er berichtete, dass er wegen der steigenden Preise für Rohstoffe, Gas und Energie demnächst die Verkaufspreise für Brot, Torten und Kuchen moderat anpassen muss. „Um das Unternehmen weiter rentabel führen zu können, überlege ich auch wie in einigen Filialen die Öffnungszeiten verkürzt werden können, ohne die Kundschaft zu verärgern“, fügte er hinzu.
Von Uwe Werner


 

Friseurinnung:
Landrätin Karina Dörk, Friseurmeisterin Silvia Schütz, Katrin Grothe von der Kreishandwerkerschaft und der Beigeordnete der Stadt Schwedt Silvio Moritz im Gespräch (auf dem Foto von rechts nach links). Foto: Uwe Werner

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